Straßenhunde in Sri Lanka – Wo liegt das Problem und was können wir tun?

 

Warum ich diesen Beitrag schreibe

Sri Lanka hat ungefähr 20 Mio. menschliche Einwohner:innen. Dazu kommen nochmals rund 3 Mio. Straßenhunde; in manchen Quellen ist sogar von 20 bis 40 Mio. Straßenhunden die Rede. Und ohne die genaue Zahl zu kennen (diese ist wahrscheinlich schwierig zu erfassen) kann ich sagen: Ja, es sind wahnsinnig viele. An jeder noch so unkomfortablen Ecke oder auch gerne mal mitten auf einer Kreuzung sitzen oder liegen Hunde. Man begegnet ununterbrochen Hunden, die auf der Suche nach Futter sind oder versuchen, sich Milben von der Haut zu kratzen. Für mich persönlich ist das eines der wenigen Dinge, die mir in Sri Lanka negativ aufgefallen sind. Nicht wegen der Hunde – die Hunde sind allesamt unglaublich lieb und sehr zurückhaltend. Aber die Masse und der häufig schlechte Zustand der Tiere haben mich regelmäßig traurig oder zumindest nachdenklich gemacht. Auf den ersten Blick sieht es vielleicht so aus, als könnte es den Hunden ganz okay gehen, da sich an jeder Ecke auch etwas Futter häufig in Form von Reis und Curry findet. Wenn man sich aber die Hunde etwas genauer ansieht, so stellt man schnell fest, dass viele Hunde unterernährt, krank und/oder verletzt sind.  


Ein Straßenhund auf dem Little Adam's Peak in Ella

Und auch wenn Straßenhunde in vielen Ländern zum alltäglichen Bild gehören, so denke ich, dass wir etwas tun müssen. Und das Schöne ist: Wir können etwas tun. Wir können den Tieren helfen. Das Ziel dieses Beitrags ist nicht, die Situation oder die Einwohner:innen zu verteufeln. Im Gegenteil: Ich möchte über die Situation aufklären und Lösungsansätze aufzeigen. Denn ich denke, dass wir, die wir häufig als vergleichsweise privilegierte Tourist:innen in ein Land wie Sri Lanka reisen, auch Verantwortung tragen. Wir genießen alle Vorzüge dieses Landes. Und so sollten wir auch versuchen, unseren Möglichkeiten entsprechend, einen Teil zurückzugeben. Und ich bin mir sicher, es gibt für beinahe jede und jeden von uns etwas, das wir tun können, um den tierischen und menschlichen Einwohner:innen zu helfen.

Hunde in Sri Lanka

Straßenhunde

Aber zuerst noch ein paar Details zur Situation. Viele Straßenhunde in Sri Lanka sind krank. Die meisten Hunde haben Flöhen und Zecken. Viele leiden außerdem häufig an Räude. Räude ist eine Milbenkrankheit, bei der die Milden auf oder in der obersten Hautschicht der Hunde leben. Man erkennt diese Hautkrankheit an aufgekratzten und infizierten Wunden. Auch durch Verkehrsunfälle und Tierquälerei verletzte Hunde sind ein häufiges Bild in Sri Lanka. Weiterhin sind viele Hunde aufgrund von Unterernährung auffallend klein. Aus meiner Sicht sieht man insbesondere den Welpen an, dass sie sehr dünn sind. Außerdem fällt auf, dass man selten mehr als einen Welpen je Mutterhündin sieht. Grund dafür ist, dass die Mutterhündin es meist nicht schafft, mehr als einen Welpen zu ernähren. So sind die Welpen früh auf sich allein gestellt.

Dieser Hund versucht der juckenden Räude Abhilfe zu schaffen (man sieht die kahle Stelle am Rücken)

Besitzerhunde

Leider endet die Problematik nicht bei den Straßenhunden. Viele Einheimische besitzen einen oder sogar mehre Hunde. Leider fehlt es den Einheimischen oft an finanziellen Mittel, um für das Wohl ihrer Tiere zu sorgen. So können sich die meisten Hundebesiter:innen keine Impfungen, Kastrationen oder andere medizinische Behandlungen leisten. Außerdem wird eine Kastration im Buddhismus nach wie vor als unnatürlich angesehen und daher von gläubigen Buddhisten verurteilt. Weiterhin werden teilweise Nachbarschaftsstreits auf dem Rücken der Hunde ausgetragen. So kommt es vor, dass der Hund des Nachbarn aufgrund von Streitigkeiten mit kochendem Wasser übergossen oder anders verletzt wird. Unkastrierte Hündinnen produzieren zudem regelmäßig Welpen, die dann ausgesetzt werden und kaum eine Chance zu überleben haben.

Als kurzes Zwischenfazit kann man sagen, dass es Hunden in Sri Lanka häufig nicht gut geht. Aber es gibt Einrichtungen, die mit großartigen Programmen und Ideen die Situation der Hunde verbessern. Daher werde ich die Situation nun nicht bis ins letzte Detail beschreiben, sondern stattdessen beleuchten, welche Lösungsansätze es gibt und was wir ganz konkret tun können, um den Tieren zu helfen.

Lösungsansätze

Vermittlung von Straßenhunden ins Ausland

Nur um das einmal klarzustellen: Vergiss es! Ich wollte ungefähr jeden zweiten Hund mit nach Hause nehmen. Allerdings ist das schlicht viel zu teuer und zu kompliziert. Die Transportkosten sind immens und die Hunde müssen Quarantäneprozesse durchlaufen. Dies ist problematisch, da viele Hunde (teilweise unheilbar) krank sind. Außerdem gibt es in Europa viele Länder mit einer ähnlichen Problematik. Es ist daher artgerechter Hunde aus Europa nach Europa (beispielsweise Deutschland) zu vermitteln. Insbesondere aufgrund der Transportwege und der Quarantänevorschriften ist die Vermittlung von Straßenhunden aus Sri Lanka ins Ausland leider kein vielversprechender Lösungsansatz.

Vermittlung der Hunde innerhalb von Sri Lanka

Im Gegensatz zur Vermittlung ins Ausland, ist die Vermittlung von Hunden innerhalb von Sri Lanka eine sinnvolle Möglichkeit, um den Hunden ein adäquates Leben zu ermöglichen. Wie bereits beschrieben, fehlen hier allerdings häufig die finanziellen Ressourcen, um eine artgerechte Haltung sicherzustellen. Hier setzen einige tolle Programme an: Einige gemeinnützige Organisationen bieten kostenlose Impfungen, Kastrationen und andere medizinische Behandlungen für Hunde an, deren Besitzer:innen schlicht zu arm sind, um sich so etwas zu leisten. Durch die medizinische Betreuung kann außerdem sichergestellt werden, dass die neuen Besitzer:innen gut mit ihren Hunden umgehen.

Die Dog Care Clinic in der Nähe von Unawatuna im Süden Sri Lankas bietet ein solches Programm an. Ganz besonders hervorzuheben, finde ich aber das Programm 50Plus der Dog Care Clinic. Insbesondere ältere Hunde haben trotz der Übernahme von Kosten für die medizinische Betreuung deutlich schlechtere Chance auf eine Vermittlung. Gleichzeitig erhalten viele ältere Einheimische keine oder nur eine winzige staatliche Rente. So entstand die Idee, diese beiden Welten zusammenzubringen: Einheimische ab 50 Jahren erhalten eine kleine Zusatzrente und nehmen dafür einen Hund bei sich auf. Auch hier wird durch Kontrollbesuche sowie die medizinische Betreuung das Wohlergehen des Hundes sichergestellt. Eine klassische Win-Win-Situation und ein großartiges Programm!

Bei diesem Straßenhund in Anuradhapura sieht man die Räude deutlich

Shelter

Bevor eine Vermittlung allerdings möglich ist, müssen kranke und verletze Hunde gesund gepflegt werden. Außerdem können einige Hunde überhaupt nicht vermittelt werden, da sie eine besondere Betreuung benötigen oder schlicht unbeliebt sind. Alles in allem sind es einfach zu viele Hunde, um alle vermitteln zu können. Daher werden Orte benötigt, an dem die Hunde medizinisch versorgt und aufgepeppelt werden oder ein dauerhaftes Zuhause finden können. Solche Shelter gibt es an mehreren Orten in Sri Lanka. Die bereits vorgestellte Dog Care Clinic betreibt beispielsweise einen Shelter in Unawatuna. Aber auch in Ella, einem der Top-Reiseziele in Sri Lanka, gibt es einen Shelter: die Dogs of Ella! Neben einem Impf- und Kastrationsprogramm (s. nächster Abschnitt) sowie einem Vermittlungsprogramm bietet die Einrichtung einigen Straßenhunden ein temporäres oder dauerhaftes Zuhause in ihrem Shelter.

Versorgung auf der Straße und Impf- und Kastrationsprogramme

Natürlich und offensichtlich sind auch mit den Sheltern nicht alle Hunde weg von der Straße. Im Gegenteil: Wie bereits einleitend beschrieben gibt es trotz vieler toller Programme mehrere Millionen Straßenhunde in Sri Lanka. Bei der Vielzahl an Hunden können solche Programme das Problem einfach nicht vollständig lösen. Daher ist auch eine Versorgung von Streunern notwendig. Neben der medizinischen Versorgung müssen die Tiere mit Futter versorgt werden. Außerdem ist es notwendig, die Reproduktion der Straßenhunde zu verlangsamen, um sie irgendwann vielleicht komplett stoppen zu können. Hier setzen Impf- und Kastrationsprogramme an. Sowohl die Dog Care Clinic als auch die Dogs of Ella haben solche Programme. Eine weitere Organisation, die ein solches Programm anbietet, sind die Ceylon Paws in Weligama. Die verwendete Methode ist dabei die CNVR-Methode (Catch, Neuter, Vaccinate, Release). Die Streuner werden möglichst stressarm eingefangen, kastriert und geimpft und anschließend wieder freigelassen. Diese Vorgehensweise ist effektiv und sichert gleichzeitig das Wohlbefinden der Tiere. Somit kann die Population schrittweise kontrolliert werden.

Was wir tun können

Als Tourist:innen genießen wir viele Vorzüge der Länder, die wir bereisen. Daher sollten wir uns überlegen, ob wir nicht auch einen Beitrag zur Lösung der Probleme in den Ländern leisten können. Wir, die wir Sri Lanka bereisen, können helfen; selbst wenn unsere finanzielle Mittel begrenzt sind. Ich bin mir sicher, dass für jede und jeden von uns hier etwas dabei ist. Wir können einen Unterschied machen!

Sogar auf der Spitze des Ella Rocks leben Straßenhunde

Geld- und Sachspenden: Die vorgestellten Einrichtungen erhalten keine oder kaum staatliche Unterstützungen und sind daher auf Spenden angewiesen. Geldspenden sind natürlich immer am liebsten gesehen, da jede Organisation so selbst entscheiden kann, was gerade am dringendsten benötigt wird. Jeder Euro oder jede Rupie zählt hier. Sachspenden sollten immer vorab mit der Einrichtung abgestimmt werden. Die Dogs of Ella bieten außerdem Spaziergänge mit den Hunden durch Ella an. Hier kannst du die Tiere und die Umgebung von Ella kennenlernen und im Anschluss eine kleine Spende dalassen. Dies sind die Spendenlinks für die Dog Care Clinic, die Dogs of Ella und die Ceylon Paws.

Flugkuriere: Die Einfuhrbestimmungen in Sri Lanka unterscheiden nicht zwischen einem Import für gewerbliche Zwecke und Importen von Hilfsgütern für gemeinnützige Arbeit (von anerkannten NGOs). Daher können wir Reisende Einrichtungen unterstützen, indem wir einfache Hilfsgüter in unsere Koffer packen und einführen. Frag doch einfach mal bei einer der vorgestellten Organisationen nach, ob du etwas mitbringen kannst. Die Dog Care Clinic schickt dir sogar die einzuführenden Hilfsgüter kostenfrei zu. Hierfür musst du also nur ein bisschen Platz in deinem Gepäck hergeben.

Volunteering: Bei vielen Einrichtungen kann man sich auch als Freiwillige:r engagieren, z. B. bei den Dogs of Ella oder der Dog Care Clinic. Allerdings sollten wir uns gut überlegen, ob unser Engagement wirklich so viel hilft wie eine Spende, mit der ein ausgebildeter und dauerhaft angestellter Mitarbeitender bezahlt werden kann.

Tierschutzurlaub: Die Dog Care Clinic betreibt außerdem einige Ferienwohnungen, die man für seinen Urlaub buchen kann. Die Erlöse der Vermietung kommen der Clinic zugute. Warum also nicht für ein paar Tage in Nähe der Clinic unterkommen.

Fazit

Die Lage der Straßenhunden in Sri Lanka ist aktuell alles andere als entspannt. Die Corona-Pandemie sowie die politische und wirtschaftliche Krise, in der sich Sri Lanka befindet, verschärfen die Situation leider noch. Da weniger Tourist:innen das Land besuchen, fallen weniger Nahrungsüberreste in Restaurants und Unterkünften an. Somit fällt eine wichtige Nahrungsquelle für die Straßenhunde weg. Aber auch Krankheiten sowie die größtenteils unkontrollierte Vermehrung der Hunde sind ein Problem. Glücklicherweise gibt es viele tolle Organisationen und Einrichtungen, die es sich zum Ziel erklärt haben, den Hunden zu helfen. Ich hoffe, ich konnte veranschaulichen, dass auch wir helfen können. Sei es ganz klassisch mit einer Geldspende oder etwas unkonventionell mit dem Einführen von Hilfsgütern oder dem Buchen eines „Tierschutzurlaubs“. Wenn wir an einem Strang ziehen, können wir etwas bewirken!



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